Poesie & Prosa
Eine Auswahl von Gedichten und Kurzprosa, teilweise illustriert:
Ohne Titel
Dieser Körper ist mir Wohnung und Fassade,
stilles Chaos in den Räumen ,
außen halte ich mich gerade.
Kann ich mich aus einem dieser Fenster stürzen?
Fliegen mit dem Atem , werd ich Wind?
Soll ich alle Türen schließen ,
Feuer machen, mit verbrennen,
Asche sein?
Oder doch die Fäuste ballen , voller Wut zu Staub zerfallen,
einsam auf den Möbeln liegen ?
Werde alle Balken biegen und
der Holzwurm meiner Träume sein,
über Tisch und Bänke hüpfen und mich ans Schlüsselbrett hängen.
(©Anabel Jujol, 2023)
Spätsommer
An diesem Tage ist mir alles fremd.
Mit nichts und niemandem bin ich verbunden.
Zu spät, zu falsch, zu heiß,
mit gut verheilten Wunden.
Die Sonne wärmt den Körper,
das Hirn brennt.
Das Leben ist an diesen Tagen nur belanglos.
Es führt mich sowieso in einen schönen Tod.
Der Katzensprung malt einen wunderbaren Bogen
und fällt zur Unzeit ein gerechtes Lot.
(©Anabel Jujol, 2023)
Der Scheitel ist nach rechts gezogen,
die Stirn gekräuselt Richtung Firmament.
Der Blick ist folgsam angehoben,
sortiert und ordnet ungehemmt:
Fixsterne bilden strenge Muster,
regeln Bedarf und Wusch nach Sinn.
Das Kinn flieht folgsam in die Grube,
verliert dort jede Lust aufs Spiel.
Die Mimik ist ein Krampf nach Regeln:
Autoritäre Disziplin
(©Anabel Jujol, 2023)
Ungewöhnlich übersehen
Spiegelauswärts dekoriert
Lächeln, wundern, weitergehen
Ich bin selbst, bin irritiert
Ob der Schönheit und der Zier
stehe draußen, vor der Tür.
beautifulmind
(©Anabel Jujol, 2022)
Zweifelsohne.
Dein Körper im Spiegel
bist nicht Du.
Der Flaum auf deinem Unterarm bist nicht Du.
Dein Gedanke vor dem Einschlafen bist nicht Du.
Atme.
Zweifel ist ein Manifest der Neugierde,
sagt wer?
DAS FÜNFTE GESCHLECHT
(©Anabel Jujol, 2021)
Ich schwimme im Bewusstseinsstrom mit vielen bunten Fischen:
Die Knochen knirschen, bersten schon, die Dampfmaschinen zischen,
die Angst vor Tunnel ist noch da, das Dunkel längst durchdrungen.
Schwarz und Weiss erscheint ganz klar – der Faden bleibt verworren
(©Anabel Jujol, 2022)
Ich würde mich vergeuden
Hirngespinste und Tupperwaren sammeln
Ich würde mich trocken reiben,
bis es dumpf hinter den Augen dröhnte.
(©Anabel Jujol, 2021)
WIR
Wir sind das Herzblut und machen weiter
Hey, hey, hey: Du wackelst wild auf der goldenen Leiter
Wir sind auf dem Denkmal der wichtige Reiter
Hey, hey, hey: Du wackelst wild auf der goldenen Leiter
Wir sind die Regel und die Sanktion
Du bekommst den vollen Hohn
Hey, hey, hey: Du wackelst wild auf der goldenen Leiter
Wir sind die Mitte, unser Gemüt ist heiter
Hey, hey, hey: Du wackelst wild auf der goldenen Leiter
(©Anabel Jujol, 2021)
Blutig liegt die Heimat im Auge des Betrachters
sie ist der Ort, andem er sich aufhängt
sie ist der Schoß der Vergewaltigung
sie ist der Neid auf ewige Treue
sie ist dem Helden das Aquarium
(©Anabel Jujol, 2023)